Now Our World 1
In dieser Ausgabe:
ManifestLebensweisenGartenzwerg im Berghain
Hauptsache
Mag ich es überhaupt? Pflanzen im Zimmer?
Hauptsache Sauerstoff, Sauerkirsche, Blüte, Blumen
In das bürgerliche Volumen
Tropf, Tropf in den Topf
So sei es!
Wohnung heißt sich gewöhnen
Wohnung heißt sich gewöhnen: die Löwenzähne durchs Fenster-
Fenstersterne in der Ferne-
Alle Dinge im Blick haben.
Die Flatterfäden von Gardinen, zu verstecken.
Blicke sammeln, den Gürtelgarten sich zu pflegen.
Die Gerüche sich zu schnüffeln.
Die Mülltonne zu begrüßen.
Begreife Hofreife.
Meine Wohnung
Meine Wohnung ist sehr alt
Ist sehr kaputt
Nur Mut nur Mut mach die Haare kurz
Ein Glas im Regal mit gefallenem Haar
Daneben ein Glas mit Glitzer drin
Das Bessere, na klar!
Besser, schöner, charmanter, größer, grandioser
Als alles was man je erträumen könnte
Träumen kann man ja!
Träumen erhält am Leben
Aber irgendwann wacht man auf.
Ode an die Unordnung
Ordnung sei das halbe Leben heißt es
Und was ist mit der anderen Hälfte?
Natürlich herrscht da der Widerpart der Ordnung
Die Unordnung
Oh wie liebe ich dich
Sonst hätte ich dich schon längst beseitigt
“An den Kragen gegangen" sozusagen
Ich glaube wir fechten einen Kampf
Wer ist die Stärkere?
Du oder ich, die zwischen euch beiden steht?
Denn die totale Ordnung ist mir auch ein Gräuel
Also versöhnt, verschwistert euch gefälligst!
Und gibt einer jeden was sie braucht
Gartenzwerg im Berghain
Hallo, ich bin der gelassene Gartenzwerg.
Dreißig Jahre leb ich schon hier
Auf einem kleinen Grundstück in Friedrichshain-Kreuzberg.
Ruhe und Gemütlichkeit stets bei mir.
Immer näher kommt die späte Nacht.
Höre viel Lärm und lauten Krach.
Ich bin es, der hier bewacht
Hinterm Zaun halt ich Obacht.
Auf einmal sehe ich eine Gestalt
Sie rüttelt und schüttelt am Gartenzaun
Bis dieser auf den Boden knallt
Da bin ich ganz schön am Staun´
Dann geht's ganz schnell, nach mir wird gegriffen.
In eine Tasche werde ich gesteckt.
Und ne‘ Weile lang über die Straße geschliffen.
Ich werde rausgeholt und bin ich erschreckt.
Auch hier gibts ein Zaun, der ist aus Metall
Und Wärter auch, ich fühl mich ganz klein
Ganz vorn an der Schlange, gibt's ne‘ Menge Krawall
Anscheinend nicht Jeder, aber wir kommen rein
Ich bin in einem großen Raum, mit gedämmten Licht
Laute Technomusik füllt das ganze Haus
Es ist voll - die Leute stehen dicht an dicht
Plötzlich bekomme ich den Applaus.
Sexuelle Aktivitäten, Fetische und Freizügigkeit
Auch Drogenkonsum scheinen hier Standard zu sein
An welchem Ort herrscht so eine Offenheit?
Nur an dem Einen - so wird mir gesagt - dem Berghain.
Hier läuft nichts meinen gewohnten Gang
Zwar spannend, aber eigentlich wäre ich gern wieder daheim
Bin doch nur ein harmloser Gartenzwerg im Berghain
Wie komme ich bloß raus, so ganz geheim.
Geduldig warte ich,
Erst am nächsten Tag ist der Ausflug vorbei.
Die Menschen verflüchtigen sich,
Ich glaube gleich bin ich frei
Jetzt komm ich wieder in die Tasche zurück.
Mein Kopf lugt hinaus,
Ich seh‘ ein mir bekanntes Straßenstück
Und Springe schnell heraus.
Text: Olivia Peters + Workshopteilnehmer:innen
Zum Inhalt.Solidarität im Glas?