Einsam auf dem Zimmer

Amersfoort

Es ist noch früh am Morgen und ich mache einen Spaziergang alleine. Es ist Frühling, die Sonne scheint und die Vögel singen laut. Zarte Grüntöne zeigen sich an Bäumen und Sträuchern und manche Pflanzen stehen in voller Blüte. Es ist noch kühl, ich genieβe die Stille in vollen Zügen, wenn ich ganz allein zu Fuβ durch die prächtige Natur gehe. Ich entscheide mich ganz bewusst fürs allein sein. Einsam sein ist aber etwas ganz anderes, dafür entscheide ich mich nicht und ich fühle mich auch nicht wohl dabei. Wir Menschen sind nicht dazu geschaffen allein zu sein, wir brauchen uns gegenseitig. Nicht nur aus praktischen, sondern vor allem auch aus sozialen Gründen. Das haben wir ja im vergangenen Jahr besonders stark gemerkt und wir merken es immer noch. Das Besondere an den Corona-Maβnahmen war, dass uns die soziale Isolation besonders bewusst geworden ist. Wir haben alles in Bewegung gesetzt, innerhalb der eigenen Möglichkeiten, die Einsamkeit der schwerst Betroffenen zu lindern. Ich schaue zurück auf die Zeit, wo ich erwachsen wurde. Oft ist das eine besondere Zeit, in der man sich sehr einsam fühlen kann. Man lernt auf eigenen Füβen zu stehen und das geht mit Fallen und Aufstehen einher. In den sechziger Jahren wurde ich erwachsen, eine turbulente Zeit, in der Normen und Werte neu betrachtet wurden. Die meisten Jugendlichen wohnten noch zu Hause bis sie heirateten und lebten nach den Maβstäben ihrer Eltern. Aber auch viele junge Leute wollten ihren eigenen Weg auf eine neue Art und Weise suchen. Anfangs war das schon toll und spannend, da hatte man eben keinen Freund oder man hatte Streit mit einer Freundin. So um mein 25. Lebensjahr habe ich mich regelmäβig einsam gefühlt. Mein Bruder und meine Schwester hatten da schon eine Kleinfamilie. Ich wohnte möbliert bei einer Vermieterin und obwohl ich mein Zimmer ganz gemütlich eingerichtet hatte und ich das sehr genossen habe, kam von Zeit zu Zeit ein Gefühl der Einsamkeit auf. Alleinstehend sein war nicht die Norm. Ich hatte nur einen Plattenspieler, ein Radio und Bücher. Ausnahmsweise durfte ich das Telefon der Vermieterin benutzen, aber die hörte dann immer mit. Dann machte ich einen Strandspaziergang und wenn ich noch über genügend Geld verfügte, trank ich irgendwo noch eine Cola. Einsam fühlte ich mich dann nicht mehr, jedoch allein.

Text: Marita


Zum Inhalt.
Eine Familie mit zehn Kindern